ich bin nicht neil armstrong

haben sie es gewusst? dass ich nicht neil armstrong bin? natürlich haben sie das. neil armstrong war astronaut, das bin ich nicht. neil armstrong hat als erster mensch einen fuß auf den mond gesetzt, das habe ich noch nie. neil armstrong wurde 82 jahre alt, da mitzuhalten habe ich vielleicht noch eine chance. wir werden sehen. bei all dem ist neil armstrong für seinen berühmten satz bekannt “es ist ein kleiner schritt für (einen) menschen, aber ein großer schritt für die menschheit“. den ersten schritt auf den mond meinte er. so einen satz habe ich noch nie gesprochen. ich hatte ehrlich gesagt auch noch nie eine so coole gelegenheit dazu. mein leben hat so gut wie keine ähnlichkeit mit dem von neil armstrong – außer der großen faszination für alles, was mit fliegen und fliegerei zu tun hat. meiner fliegerkarriere haben allerdings 1,5 dioptrin zu viel einen strich durch die rechnung gemacht. so wurde aus mir statt einem pilot ein pastor. auch schön. das fliegen aber fasziniert mich immer noch. und so konnte ich – vor nunmehr vier wochen – nicht umhin, auszuprobieren, wie es ist, mit einem nagelneuen e-bike die gefrorene aspacher straße als landebahn zu benutzen. es war hart und schmerzhaft. mit dem (in der regel) geschmeidigen endanflug eines flugzeugs und einem beeindruckenden aufsetzen und ausrollen-lassen hatte meine landung nur sehr wenig zu tun. immerhin hatte ich zuschauer: ein vorbeifahrender lieferwagenlenker erkundigte sich nach meinem wohlbefinden und ein mitfühlender radfahrgenosse stimmte einen untergangsgesang auf den städtischen winterdienst an. ich konnte zum glück meinen morgendlichen weg ins büro fortsetzen – trotz bruchlandung. dabei hatte ich doch gerade erst – aufgrund guter vorsätze und einem inneren drang zur klimarettung – beschlossen, das auto nur noch möglichst selten zu benutzen und stattdessen rad zu fahren, zu fuß zu gehen und nach aller möglichkeit öffentliche verkehrsmittel zu benutzen. lang hat es gedauert, bis mein anlauf dazu endlich funktioniert hat. und ich werde mich auch durch diese eine morgendliche bruchlandung nicht von meinem eingeschlagenen weg abbringen lassen. wenn ich aber etwas bin, dann so etwas wie ein anti-neil-armstrong: meinen hintern statt auf den autositz auf das fahrrad zu bekommen, war „ein großer schritt für einen menschen, aber ein kleiner schritt für die menschheit“. ich habe sogar die befürchtung, dass die menschheit es gar nicht wirklich zur kenntnis genommen hat. ein guter freund aus australien, emeritierter professor für systematische theologie, hat mir – unter dem eindruck der verheerenden buschbrände – geschrieben: „es erscheint so unbedeutend, was der einzelne tun kann. es sieht aus, als hätte es keine bedeutung. doch es muss eine bedeutung haben!“ was kann ich schon tun? das frage ich mich angesichts der dimensionen dessen, was die gesamte menschheit an umdenken, umlernen und um-tun im hinblick auf die bewahrung von gottes guter schöpfung vor sich hat. kleine aufgaben, große aufgaben, das ist mein blick auf die dinge. die bewahrung dieser erde ist definitiv ein große aufgabe, eine zu große aufgabe für mich. mir kommt das gleichnis „von den anvertrauten talenten“ in den sinn mit dem bekannten wort in matthäus 24,21 (lut 2017) „recht so, du guter und treuer knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines herrn freude!“. jedem der knechte wurde geld zur verwaltung anvertraut. die knechte, die sich gut um das vermögen gekümmert haben, taten dies zur freude ihres herrn. sie wurden gelobt und (sozusagen) befördert. es geht in all dem darum, aus dem etwas zu machen, das anzupacken, was mir anvertraut ist. und herausreden zählt für den herrn der knechte nicht. also: nicht resignieren angesichts der aufgabe, sondern das anpacken, was du kannst, denn du kannst es. nein, ich bin nicht neil armstrong. ich werde wohl nie das große rad der geschichte drehen. wenn mich jemand fragt, was ich da mache – mit meinem plastik vermeiden, bio-milch kaufen, fahrrad fahren und was ich noch an kleinen dingen zu tun versuche –, dann sage ich: ach, es ist nur ein kleiner schritt für einen menschen und nur ein kleiner schritt für die menschheit, aber ich mache ihn trotzdem. und er wird seine bedeutung haben. das glaube ich ganz fest. denn pilot bin ich zwar nicht geworden – aber mit dem glauben kenne ich mich dafür ein bisschen aus… glaube ich.


„nachgedacht“ im gemeindebrief der evangelisch-methodistischen kirche ::: backnang | burgstall | cottenweiler, ausgabe 2020-03 bis 05

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